Tipps und Tricks

Grundsätze für das Üben mit lese-rechtschreibschwachen Kindern

  • Wer mit dem Kind übt, sollte sehr viel Geduld aufbringen können, sonst ist das Üben sinnlos.
  • Anschreien und Schimpfen helfen nicht weiter.
  • Wer mit dem Kind übt, muss ausreichende und sichere Kenntnis über die deutsche Rechtschreibung und ihrer phonologischen Struktur haben. Ein Kind muss verstehen, warum in dieser Schreibweise geschrieben wird.
  • Die Übungen sollten auf jeweils einen Fehlerschwerpunkt begrenzt werden. Wird beispielsweise die Groß- und Kleinschreibung erarbeitet, sollte die Aufmerksamkeit des Kindes nicht zugleich auf andere Fehlerquellen gelenkt werden.
  • Übungszeiten müssen abgesprochen und eingehalten werden. Dabei sollte die Konzentrationsfähigkeit des Kindes berücksichtigt werden und die Belastungen durch die Hausaufgaben.
  • Das Kind muss Erfolge erfahren und seien sie auch noch so klein. Erkennen Sie kleine Fortschritte an und konzentrieren Sie sich nicht ausschließlich auf die Fehler Ihres Kindes.
  • Lob und Anerkennung durch Erwachsene helfen dem Kind sein Selbstvertrauen zu stärken.

Was können Eltern tun?

Eigentlich sind es fast immer die Mütter, die als Erste Warnsignale und erste Auffälligkeiten bemerken. Sie kennen ihr Kind, wissen oft, wie es sich fühlt, ohne dass ein Wort gesagt werden muss und sind die erste Anlaufstelle für Probleme ihres Kindes. Sie merken als Erste, wenn ihr Kind enttäuscht aus der Schule heimkommt, womit das Kind Schwierigkeiten hat und was ihm leichtfällt. Die Mütter wissen was ihm Spaß macht und worunter ihr Kind besonders leidet. Selbstverständlich möchten sie ihrem Kind bei Schwierigkeiten helfen.

Mütter mit lese-rechtschreibschwachen Kindern fühlen sich hier oft überfordert. Sie stellen fest, dass ihr Kind scheinbar grundlos über Bauch- oder Kopfschmerzen klagt, für die auch der Kinderarzt keine medizinische Erklärung hat. Sie bemerken, dass das Kind plötzlich wieder einnässt oder an den Nägeln kaut. Das Kind hat völlig unerklärliche Wutausbrüche und ist auch mit seinem Lieblingsspiel nicht mehr zu locken. Es verliert das Interesse an seinen vormals besten Freunden und beginnt sich zu isolieren. Oder die Mütter bemerken, dass die Kinder nicht mehr von der Schule erzählen oder ihre Schulhefte nicht freiwillig vorzeigen. Oft stellen sie auch fest, dass es nicht mehr gern zur Schule gehen will und regelrecht Angst vor der Schule hat. Nur in den seltensten Fällen ist auf den ersten Blick erkennbar, ob es sich um Lese-Rechtschreibschwierigkeiten handelt oder nicht. Wohlgemerkt die Auffälligkeiten können darauf hinweisen; solche Symptome können aber auch ein Hinweis auf ganz andere Schwierigkeiten sein. Sie sollten sie aber auf alle Fälle ernst nehmen, vor allem, wenn sie gehäuft auftreten.

Den Höhepunkt erreichen die Schwierigkeiten in der täglichen Hausaufgabensituation. Hier zeigt sich besonders deutlich, was das Kind in der Schule nicht verstanden hat. Bereits scheinbar leichte Schreib- und Leseaufgaben können so zu einem riesigen Problem werden. So kann es bei Lesehausaufgaben passieren, dass das Kind die gleiche Stelle immer wieder falsch liest oder einzelne Buchstaben einfach nicht zu einem richtigen Wort verbinden kann. Eltern neigen dann oft dazu – fast immer aus gut gemeinten Gründen – die Aufgabe so oft mit ihrem Kind zu wiederholen, bis das Kind es endlich kann. Das dauert manchmal sogar Stunden und kostet oft Tränen sowohl beim Kind als auch bei den Eltern.

Grundsätzlich ist zu bemerken: Hausaufgaben sind – jedenfalls in der Grundschulzeit – dazu da, in der Schule Gelerntes zu vertiefen und zu üben, so dass das Kind sicher beherrscht, was es in der Schule unter Anleitung gelernt hat. Eltern sind nicht dafür da, Lerninhalte, die durch die Schule nicht vermittelt werden konnten, nachzuarbeiten. Natürlich sollten Sie Ihrem Kind helfen, das Hausaufgabenziel zu erreichen. Gerade bei lese-rechtschreibschwachen Kindern ist leider oft zu beobachten, dass Hausaufgaben keine zusätzliche Vertiefung von Gelerntem darstellen, sondern dass das Lernen neuer Lerninhalte das Unvermögen noch offenbart. Vermehrtes Üben oder wiederholtes Ab- und Aufschreiben führt in solchen Fällen nicht zum erhofften Erfolg, sondern dazu, dass das Kind beginnt sich zu sträuben, bockig wird und schließlich massive Lernblockaden aufbaut, die zu ernsthaften Störungen im emotionalen Verhältnis zwischen Eltern und Kind führen können. Oder es kommt mehr und mehr zur negativen Selbsteinschätzung: „Ich schaffe das nie; ich kann üben und mich anstrengen; es bringt doch nichts; ich bin zu dumm.“

Die Hausaufgaben sind Aufgaben für das Kind und keine Lehraufträge für die Eltern. Wenn ein Kind seine Aufgaben falsch löst, ist nicht die Mutter schuld. Die Mutter eines lese- rechtschreibschwachen Kindes hat sich nichts vorzuwerfen, wenn ihr Kind auch das scheinbar leichteste Wort zum wiederholten Male falsch schreibt oder das Heft unordentlich und schlampig aussieht. Wenn also ein lese-rechtschreibschwaches Kind bei den Hausaufgaben „versagt“, hat es weder selbst daran Schuld noch die Eltern. Eltern sollten in solchen Fällen die Lehrer auf die speziellen Schwierigkeiten aufmerksam machen, damit diese frühzeitig Hilfen anbieten können, deren Notwendigkeit ihnen bis dahin nur deshalb nicht aufgefallen ist, weil das Kind seine Schwierigkeiten zum Beispiel durch gutes Auswendiglernen kaschieren konnte.

Wichtig für die Hausaufgabenbetreuung ist ebenfalls, dass sie nicht ins zeitlich Unendliche ausgedehnt werden, da die Spiel- und Erholungsphasen nicht zu kurz kommen dürfen. In aller Regel ist in den ersten beiden Grundschuljahren eine tägliche Hausaufgabendauer von maximal einer halben Stunde noch vertretbar. Gerade lese-rechtschreibschwache Kinder brauchen zusätzliche Bereiche in denen sie Erfolge erzielen und zu den Besten gehören, um psychoreaktive Symptome zu vermeiden. Eltern sollen also Hausaufgaben abbrechen und zur Information an den Lehrer eine Bemerkung über die Art und die Dauer der häuslichen Arbeit unter das Geleistete machen.

Eltern können ihrem lese-rechtschreibschwachen Kind bei den Hausaufgaben Erleichterungen verschaffen, indem sie ihm beispielsweise die Texte aus den Schulbüchern vorlesen, damit es den Inhalt besser aufnehmen kann. Sie können ihr Kind aber auch dahingehend unterstützen, indem sie ihm die Schreibarbeit abnehmen und die Antwort- und Lösungssätze schreiben oder sich gar den ganzen Aufsatz diktieren lassen. Dies sollte aber mit dem entsprechenden Lehrer abgesprochen sein.

Ein weiterer kritischer Punkt für lese-rechtschreibschwache Kinder sind die benoteten Diktate. Natürlich sind Eltern entsetzt, wenn sie das Ergebnis ihres Kindes sehen. Aber sie sollten bedenken, dass Ihr Kind sein Bestes gegeben hat und nicht noch, über die schon als Strafe empfundene Note, schimpfen. Sie sollten sich eher die Wörter anschauen, die das Kind bereits richtig geschrieben hat und es für diese Leistung loben. Zählen Sie doch einfach die richtigen Wörter und schreiben als Bemerkung unter das Diktat: „Toll du hast doch schon 50 Wörter richtig geschrieben!“

Diese Ratschläge reichen sicher nicht für alle Eltern aus. Das liegt aber auch daran, dass bei Lese-Rechtschreibschwierigkeiten viele Faktoren eine wichtige Rolle spielen. Das Wichtigste dabei ist die genaue Diagnose. Eltern sollten sich ihren Rat bei gut ausgebildeten Fachleuten einholen. Ansprechpartner sind immer Klassenlehrer, Beratungslehrer sowie Sprachheillehrer/Logopäden, schulpsychologische Beratungsstellen und die für die Hilfen rechtschreibschwacher Kinder spezialisierten freien Praxen und Institute.